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AutorenbildBernadette Hartl

Meine Gedanken im Juli 2021


Ich melde mich zurück im Monat Juli, was ja wie viele wissen absolut dieser besagte Monat im Jahr ist den ich seit 2018 gerne streichen würde. Am liebsten würde ich dem ganzen ja dahingehend Ausdruck verleihen, dass ich sage, wie sehr ich diesen Monat hasse und verabscheue, aber dann klingelt wieder der systemische Ansatz der Ausbildung in der psychologischen Beratung in mir der mich hinterfragen lässt, warum es doch so ist. Und ich kann dankbar behaupten, so reflektiert zu sein, um zu wissen, warum es so ist. Beide meiner Sternchen wären laut errechneten Geburtstermin im Juli auf die Welt gekommen. Maximilian am Anfang und Maria am Ende des Monats.


Dahingehend ist es vorprogrammiert irgendwie die ganzen vier Wochen wieder daran zu denken, wie alt sie jetzt wären, wie sie wohl aussehen würden und welche Persönlichkeit sie hätten. Für mich selbst habe ich schon längst Methoden entwickelt und erlernt, um mit diesen Gedanken umzugehen.


Manchmal passiert es mir jedoch trotzdem noch, dass ich getriggert werde. Vor kurzem kam mir eine Aussage über die bevorstehende Geburt unter die mir wieder zu denken gab. "ES IST NOCH KEIN KIND DRINNEN GEBLIEBEN"! Doch, eines von meinen 4 Kindern schon - tot - so um die vier Monate lang bis sie mir unseren Sohn rausgeschnitten haben. Unter Vollnarkose. Was mir blieb? Ein Foto von meinem offenen Bauch mit dem Baby auf einem Handschuh von meinem Frauenarzt. Ich wünsche mir dann wieder von ganzem Herzen mehr Sensibilisierung rund um diese Thematiken.

Nebenbei sei auch gesagt, dass sich im Juli so viele betroffene Frauen bei mir gemeldet haben wie keinen Monat zu vor. Die ehrenamtliche Vereinstätigkeit ist mittlerweile zu einem Vollzeitjob geworden und ich bin dankbar für jede persönliche und finanzielle Unterstützung von außen. Die Erfahrungen und Schicksale, welche mich tagtäglich ereilen sind oftmals wirklich kaum in Worte zu fassen. Ich aber auch überwältigt von dem Feedback zu meiner Arbeit und von dem, was ich an Wertschätzung zurückbekomme. Schön ist es für mich auch immer wieder zu hören, dass viele endlich in mir eine Ansprechpartnerin gefunden haben die nicht nur das fachliche Knowhow mitbringt, sondern auch die persönliche schmerzhafte Erfahrung rund um die gesamten Thematiken. In diesem Fall bin ich dann auch sogar etwas dankbar für meine steinige Lebenserfahrung.


Besonders freut es mich, dass man jetzt auch in langjährig aktiven Institutionen mehr und mehr aus alten Konzepten herausfindet und zu verstehen beginnt, dass Trauerarbeit natürlich enorm wichtig ist, dass man sich aber auch wieder dem Leben mit all seinen Themen, wie zum Beispiel Folgeschwangerschaft, und dem Weg in ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zuwenden darf. So haben wir das schon anlässlich der Gründung der gemeinnützigen Organisation Wandelstern im April 2021 ausführlich dokumentiert und ich erinnere mich noch gut daran, auf wie viele taube Ohren ich gestoßen bin und deshalb belächelt wurde. Jetzt, und weil ich weiß, warum ich dieses Herzensprojekt überhaupt begonnen habe und wieviel Liebe, Leidenschaft und Motivation in diesen Bereichen etwas zu bewirken dahintersteht, befinde ich mich in der Position zu lächeln. Darüber, dass ich bereits so viele stärker dafür sensibilisieren konnte, und in der Hoffnung, dass es eines Tages in diesen sensiblen Bereichen rund um Sternenkinder, Kindesverlust und Folgeschwangerschaften kein Konkurrenzdenken mehr geben wird. Es gibt so viele Menschen, die täglich unsere emotionale Zuwendung und seelische Unterstützung brauchen, da kann es gar nie genug Anlaufstellen geben. Und mit Sicherheit kann keines dieser Lebensthemen das Eigentum einer einzelnen Plattform sein und bleiben.


Ich kann nur sagen, dass ich von ganzem Herzen dankbar für jeden Menschen bin, der sich für diese Themen einsetzt und damit unschätzbar wertvolle Arbeit leistet, unabhängig davon, in welcher Eigenschaft und im Rahmen welcher Institution er/sie das tut. Deshalb sehe ich von allen Beteiligten noch VIEL mehr an Zusammenarbeit gefordert. Und wahrscheinlich sehe ich vieles auch deshalb anders, weil ich einen mehrfach persönlich erlebten Zugang dazu habe, und daher mit meiner Beratung und Begleitung nicht nur an der Oberfläche bleibe, sondern darauf achte, die betroffene Person auch tatsächlich dort abzuholen, wo sie sich in ihrem Schmerz und ihrer Trauer über ihre Erfahrungen befindet.

"Und wenn du das Gefühl hast, dass gerade alles auseinander zu fallen scheint, bleibe ganz ruhig.

Es sortiert sich nur neu."

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